EFFEKTIVITÄT TO GO
Wie man eingesparte Zeit totschlagen kann
Gemütlich auf einen Hügel steigen, die Einladung der aussichtsreichen Bank annehmen, den Blick in die Ferne schweifen lassen, das Denken eine Weile sein lassen, den Wolken hinterherziehen. Hirn auf Leerlauf, Parkposition, Motor aus. Trauen wir uns das noch? Muss nicht jede Bewegung effektiv sein, den Körper möglichst effektiv trainieren. Wenn schon gehen, dann Powerwalk, mit Kopfhörer und dem aktuellen Podcast. Im Auto ständig auf B5-aktuell, im Reißverschluss ein Auto überspringen. Zeit maximal ausnutzen. Zeit sparen! Wozu? Um Zeit zu haben! Wofür?
Oh ich maße mir nicht an, die Wichtigkeit fremder Zeit zu beurteilen. Zeit rinnt dahin, immer im gleichen Maß, nur gefühlt schneller oder langsamer. Schneller beim Genuss einer Käsesahnetorte und bei Zahnweh mit Maximaldehnungsfaktor. Aber von außen betrachtet immer gleich, immer tick - tack - tick - tack. Auch die noch so langweilige Predigt vergeht im tick - tack - tick - tack. Ebenso die Pulverschneeabfahrt. Tick - tack - tick - tack schreitet unsere Zeit dem Ziel entgegen.
"Ich muss mit dem Flugzeug nach Berlin. Der Zug? Viel zu langsam, kann ich mir nicht leisten. Die Zeit: zu kostbar für Züge." Die schönsten Zugfahrten waren meist die längsten, wenn man Zeit hatte sich im Abteil kennenzulernen, Reisebekanntschaft. Gespräche auf dem Gleis von A nach B mit Nimmerwiedersehngarantie. Das machte es aus. Mitreisende erfuhren Dinge, die man dem Nachbarn nicht anvertraut hätte, Mitreisende, umständehalber zur Verschwiegenheit verdammt. Leider vorbei, keine Zeit für Reisetherapiegespräche.
Notebookstrom und WLAN machten die Waggons zu Büros. Seitenblickdichte Monitorfilter, Kopfhörer, Maximalabschottung. Der Job verlangt's, die Karriereleiter. Maximale Karriereaufsteilung durch Permastress. Und nach 90°: Absturz in die maximalernüchternd erfahrbare Entbehrlichkeit. Posten gestrichen, Posten schon wieder besetzt. Nein, keine offenen Fragen, alles bereits geklärt. Nein, die Neue hat das alles umstrukturiert, große blaue Papiertonne! Tja, man weiß doch, wie das läuft. Auf einmal Zeit für Mitreisende, die keine Zeit haben. Dringender Eisenbahnfernreisetherapiegesprächsbedarf. Alle abgeschottet, zu wichtig für Reisebekanntschaft. Seitenblickdichte Monitore.
Ein Bussard zieht seine Kreise. Genießt er die Thermik? Sanft streichen die Windwogen über das lange Gras. Die Sonne wandert nach Westen. Aus der Ferne sind die Autos langsam. Es wird kühler. Zeit für den Rückweg. Zwei Sandspuren säumen einen Grasstreifen, die Häuser werden größer, die Vielfalt des Lebens dringt ans Ohr.
Wahlmanipulationsmaschinen
Warum Trump doch recht haben könnte
Amerika hat gewählt und Trump versteht sein Land nicht mehr. Wie auch? Immerhin hat ihm das Land vor vier Jahren (warum auch immer) das Präsidentenamt wie Lorbeer um seine narzisstische Stirn gekränzt und ihn damit gottgleich gemacht. Und einen Gottgleichen wählt man nicht ab sondern wieder. Für Trump kam etwas anderes überhaupt nicht in Frage. Trump nicht mehr zu wählen ist dermaßen unerhört, dass der Himmel über dem Weißen Haus im Dauergewitter erzittert. Nachdem den zigausenden Wahlhelfern keine Manipulationen nachgewiesen werden konnten, kommen nun die Zählmaschinen in den Fokus des Selfmadegottes. Natürlich, die Wahlmaschinen, warum kam da noch keiner drauf? Ist doch ein Leichtes, sie zu manipulieren. Aber das tat keiner. Wie kann es sein, dass niemand daran dachte, die Wahlmaschinen zu manipulieren, damit Trump im Amt bleibt? Jeder mittelmäßige Diktator weiß, wie man das macht, aber der Herr Trump suhlte sich dermaßen in Selbstherrlichkeit, dass er schlicht und ergreifend darauf vergaß. Insofern sind seine Manipulationsvorwürfe an die Zählmaschinenhersteller berechtigt, also eigentlich Nichtmanipulationsvorwürfe. Aber vor welchem Gericht klagt man die ein? Genau das ist das Dilemma des Herrn Trump. Aus purer Selbstherrlichkeit ist er nun nicht mehr Gott und muss wieder Mensch werden, noch dazu ein übler. Schwierig. Und weil Menschwerdung seit Menschengedenken ein schwieriges Unterfangen ist, zögert sie Trump so lange es irgendwie geht hinaus. Aber die USA werden sich ihres GRÖPRAZ (größten Prahlers aller Zeiten) schon irgendwie zu entledigen wissen und wieder ein liebes, freundliches und nettes Land werden.
Inzidenzwert
Der Wert wird nicht rektal gemessen
Erst letzten Sonntag ließ ich mir meinen Inzidenzwert messen und er war verdammt hoch. An Gottesdienst überhaupt nicht zu denken, höchsten mit einem ordentlichen Kräuterschnaps und Wadenwickeln, Bett sowieso. Das kann ich dir sagen, wie ich meine Inzidenz wieder heruntergeschwitzt habe, das Bett klitschnass und ich auch zwei Tage, aber wie! Mittlerweile ist mein Inzidenzwert wieder auf normal, also ziemlich unter fünfzig. Und recht weit runter kommst du heute eh nicht mehr, weil ja diese Corona eingebürgert wurde. Oben, unten, links, rechts, hint und vorn Corona und wenn nicht mehr Corona, dann Covid. Und das ist ganz legal. Da hat unser Land sogar extra jede Menge Betten bereitstehen, damit sich die Corona hineinflacken kann. Ich weiß schon gar nicht mehr was ich bekommen soll und was nicht. Vielleicht soll ich doch eine Durchseuchung einnehmen, so ein zwei Tabletten am Morgen. Vermutlich gibt es die auch in Tröpfchenform. Mit Durchseuchung ist man halt immun und immun wäre nicht schlecht. Ich hab' in der ZEIT oder in der anderen Zeitung gelesen, dass der Bolsodings, also der regierende Pele von Brasilien selber schon komplett durchseucht ist und beim Donald Tweet ist es nach außen hin noch schlimmer. Was würde der Trump für eine prächtige Hupe abgeben, wenn man ihn vorne auf's Auto schrauben könnte. Da würden sogar die Doppelarschlöcher von der Überholspur flüchten, also die mit den zwei Auspufflöchern, die es immer schnell haben, weil sie sich langsam nicht ertragen. Die meinen alle, dass sie ihr Ego mit dem Gaspedal aufpumpen können. Wenn sie dann auch noch Covid im Blut haben, dann kann es sich wenigsten schneller verbreiten. Nein, die Welt ist wie sie ist und sie leidet an ihren Bewohnern. Siehst du, hier haben die Genderwahnsinnigen sicher nichts gegen das Weglassen der "Innen" einzuwenden. Das ist ihnen nur bei positiven Dingen wichtig. VerbrecherInnen, SteuerhinterzieherInnen, da werden die Genderforderungen unhörbar laut bis zur Verstummung. Wo sind sie denn jetzt, die InfiziertInnen und die TurbosprederInnen? Man könnte ja auch mal eine Inzidenzwertin messen. Aber da regt sich keine Genderin auf, wenn wir Männer den Inzidenzwert in unsere Reihen aufnehmen müssen. Der Wahnsinn, der Inzidenzwert, der Lockdown. Dabei sollte ein Anglizismus überhaupt kein Geschlecht haben. "Lockdown", wer kommt auf so eine Idee? Ich mein nicht den Zustand, sondern das Wort. "Ausgangssperre" heißt das auf deutsch und das würde durchaus jeder verstehen, aber wer will schon eine "Ausgangssperre" verhängen? Und noch dazu als Politiker. "Medizinischer Lockdown", das hört sich nach Maximallandesvater an, damit zeigt man Kanzlergröße. Und dann kommt die große Massenimpfung. Achtzigmillionen Spritzen für das deutsche Volk, damit es nicht an Corona eingeht, sondern an Impfkomplikationen. Die Russen testen schon, Nawalny hat den Impfstoff nicht vertragen, der hat auch die Variante für Reginekritiker bekommen. Also da könnte der Impfstoff noch so billig sein, dann würde ich der Russenimpfspritze mit angelegten Ohren und Maximalgeschwindigkeit davonfliehen. Was mich übrigens überrascht hat: Der Inzidenzwert wird nicht rektal gemessen, sondern am Computer.
Meister des Selbstbetrugs
Der Splitter im Auge der Kirche
Natürlich gebe ich dir Recht: Die katholische Kirche ist extrem konservativ. Es ist müßig, die lange Liste an Verweigerungen und Versäumnissen herunterzulitaneien, wenn doch jede Kritik wie Tropfen von einem Regenschirm abprallt. Irgendwann resigniert man und überantwortet die Lösung des Problems der Geduld der Zeit, die mit ihrem Zahn daran nagen möge oder ihn sich ausbeißen. Nein, die Kirche ist unbelehrbar wie ein sturer alter Grieskram. Sie scheint sich nach der guten alten Zeit zu sehnen, als sie den Menschen mit ewiger Verdammnis in die Hölle drohen konnte.
Aber eigentlich ist es nicht die katholische Kirche per se, da gibt es wohl viele Katholiken, die diese katholische Kirche gerne und ziemlich komplett umkrempeln würden, wenn sie denn dürften. Aber warum dürfen sie es nicht? Weil wir die Kirche institutionalisiert und die Gewalt an bezahlte Kräfte übergeben haben und wie das bei Institutionen landläufig üblich ist, hat die damit entstandene "Amtskirche" eine beachtliche Einendynamik entwickelt und die geschwisterliche katholische Kirche nach ihren Bedürfnissen und vor allem sehr hierarchisch umgestaltet. Der allmächtige Apparat der Amtskirche etablierte Rom als uneingeschränktes Machtzentrum, ob das nun einem Jesus aus Nazareth gefiel oder nicht. Das geht so weit, dass sich der oberste Leiter mit "heiliger Vater" anreden lässt, mag er auch noch so viel Leid in die Welt getragen haben. Nicht einmal Petrus hätte sich das angemaßt.
Oh ja, wir sind gut im Abgeben von Macht und Verantwortung und im dann machtlosen, sprich ohnmächtigen Kritisieren der von uns Bemächtigten. Das reduziert sich beileibe nicht auf die katholische Kirche, obgleich sie mangels Demokratie so schnell nicht in die Schranken gewiesen werden kann. Eine Laune des Schicksals, mit der sich die Amtskirche irgendwie am Sturm auf die Bastille vorbeigemogelt hat und auch den weitgehenden Untergang des Adels während des ersten Weltkriegs überlebte. So steht sie also noch, die katholische Bastille, wähnt sich als Sieger und auf ewig besiegeltes Machtzentrum, während die Fundamente aus dem Gebäude austreten und wie morscher Sandstein hinwegbröseln. Und was macht ein Monarch ohne Volk? Arbeiten hat er nie gelernt, wohl aber teuer zu leben. Eine gefährliche Situation, wenn das Volk die Bastille gar nicht mehr erstürmen muss, weil selbige ihr Schreckensszenarium eingebüßt hat. Selbst eine Exkommunikation verströmt nur mehr historischen Muff. Die meisten Mitglieder exkommunizieren sich selbst und es ist das Selbstverständlichste der Welt.
Ja, bei der katholischen Kirche wissen wir es genau, was not täte. Aber ansonsten glänzen wir mit einer kaum minderen Verweigerungshaltung. Am deutlichsten zeigt sich das beim Klimawandel, oder besser gesagt unserer Tatenlosigkeit bis hin zur bewusst schadhaftem, sprich sündhaftem Verhalten. Nehmen wir als Beispiel unseren Autowahnsinn. Da kaufen wir uns mit Attributen wie "umweltfreundlich" für teures Geld gutes Gewissen. Wohlwissend, dass ein Auto alles andere als umweltfreundlich ist und sei es noch so solar angetrieben. Ein Auto verbraucht deutlich mehr Ressourcen, als uns zusteht. Aber das rechtfertigen wir mit unserer ländlichen, sprich ÖPNV-fernen Wohnlage. Dabei könnten wir uns den öffentlichen Nahverkehr bis in jede Garage leisten, wenn wir unser Geld nicht in egoistische, sondern öffentliche Mobilität investieren würden. Aber es ist schließlich sauer verdient und das Auto gehört mir, was ich vom Bussitzplatz nicht behaupten kann. Dieser Gedanke vollständig zu ende gedacht, wäre das Ende des ÖPNV. Ihn zuzulassen würde vermutlich alle Verkehrsprobleme lösen. Wenn es nur so einfach wäre und der Autokauf eine Vernunftseinscheidung, gäbe es Sindelfing und Dingolfing nicht oder sie würden andere Autos bauen. Aber Autos sind Teil unserer Imagekampagne, da hat Vernunft keine Lobby. Und die Autobauer setzen alles daran, ein möglichst großes Teil in unserem Egopuzzle zu sein. Als die Kreditrahmen überstrapaziert waren, erfand man das Leasing.
Wenn es um ökologische Schmutzfinkereien geht, verstehen wir es sehr gut, mit dem Finger auf andere zu zeigen, auf die Kreuzfahrer, auf die Billigflieger, auf den Skizirkus, die Motorradfahrer, Spaßbootkapitäne, Klimaaufheizer, Umweltzerstörer. Das sind natürlich immer die anderen. Denn wir selbst, wir gönnen uns doch diese eine Kreuzfahrt, nur ein einziges Mal im Leben, das werden wir uns doch wohl verdient haben. Nein, wir haben dabei nicht auf Schweröl geachtet und ob das Schiff Abwassertanks hat. Man kann doch nicht jeden Tag die Welt retten. Freilich kann man darauf verzichten, nur sollte man es halt nicht, denn das Recht auf Luxus mit eigenem Geld hört dort auf, wo man anderen Schaden zufügt und mittlerweile wissen wir ziemlich genau, wann das der Fall ist. Trotzdem handeln wir wider dieses besseren Wissens, erteilen uns Ausnahmegenehmigung um Ausnahmegenehmigung.
Wirken sie überhaupt noch, diese ganzen Egoshooter? Ist eine Reise ans Ende der Welt tatsächlich ein Premiumattribut? Zeigt ein Straßenmonster noch, dass man es drauf hat? Oder vielmehr, dass man sich weigert zu verstehen, sich gegen die Erfordernisse der Zeit stemmt? Ist nicht vielmehr der belächelte Ökoheini in Wahrheit der Sieger, der es schon viel früher kapiert hat als man selber? Und in Folge dessen an unserer Ignoranz und Selbstversessenheit verzweifeln musste. Wer also auf den Splitter im Auge der Kirche verweist, der soll sich vielleicht erst mal Gedanken um den Balken im eigenen machen. Aber freilich, nichts ist schwerer zu ändern, als der eigene Schweinehund. Und deshalb ist der Fingerzeig auf die Kirche so praktisch, weil es einem dann gar nichts angeht, weil ihre Verstocktheit ein hervorragendes Alibi für den persönlichen Kirchenabschied hergibt. Ein Freibrief. Aber was bleibt ohne Kirche? Was ohne Glaube? Wäre das nicht ein Verlust für die Welt, eine seelische Verarmung? Haben wir uns Religion nicht deshalb geschaffen, weil sie uns etwas gibt? Und sei es nur die Geborgenheit der Gemeinschaft, welche Kirche geben könnte. Oder der Weitwinkelblick aus der Egomanie heraus. Ja, das wäre eine schöne Aufgabe für eine Kirche. Nur leider haben wir es mit zwei Augenbalken zu tun und die sind schwer herauszubekommen. Während die Kirche der Höllendrohung verlustig umherirrt und sich mit der Rolle des Geringsten unter uns verdammt schwer tut, macht dem Ökoterroristen Mensch eine zunehmend renitenten Erde das Leben zur Hölle.
Untergang
Der Ausstieg der Kirche aus dem Abendland
Noch heute ist die Pille von der katholischen Kirche verboten. Aber wen interessiert das? Die Kirche hat vor lauter Schutz des Lebens übersehen, dass unser Planet ein bisschen an Überbevölkerung leidet. Eine Überbevölkerung, die vielen Menschen das Leben zur Hölle macht und auch sehr viele tötet. Aber das scheint der Kirche kein Problem zu sein. Von der Kirche verbotene Verhütung ist indes gelebte Praxis im Abendland. Es ist längst kein Geheimnis, dass in der Kirche überdurchschnittlich viele Homosexuelle Heimat gefunden haben. Nun ist Homosexualität keine Sünde, sondern eine Laune der Natur, aber sie war lange Zeit ein Verbrechen und so ganz vorurteilsfrei ist sie immer noch nicht. Die Kirche bot den Homosexuellen seit jeher eine Möglichkeit, unentdeckt zu bleiben, denn ein Priester hatte geschlechtslos zu sein. Und doch konnte das kaum einer. Man mag darüber uneins sein, ob die Übergriffe auf Kinder das begünstigten, was aber wenn der Zölibat zur Entartung der Sexualität führt, ob nun homosexuell oder heterosexuell, dann ist der Zölibat ein Verbrechen an der Menschlichkeit ersten Ranges. Daran heute noch festzuhalten und zu glauben, dass Sexualität eine Entfremdung von Gott sei, wo doch gerade sie neues Leben hervorzubringen vermag, kann doch wohl kaum Gottes Wille sein.
Was ist Gottes Wille? Jedes Mal, wenn ich die Milchstraße in ihrer ganzen Pracht sehe, was Dank des reduzierten Flugbetriebs jetzt viel öfter der Fall ist, komme ich aus dem Staunen kaum heraus. Dabei ist die Milchstraße nur eine von unzähligen Galaxien, mit unzähligen Sonnensystemen und eine unvorstellbaren Zahl von Planeten. Alles erschaffen von diesem Gott. Wie können wir uns da anmaßen, den Willen Gottes zu kennen? Wie sollten wir diesen Gott begreifen können? Wenn doch nicht mal sein kleinster Teil von uns erfasst werden kann. Und dann bilden wir uns ein, dass Gott Verhütung verabscheut, dass er keine Frauenpriester will, dafür aber den Zölibat. So verrückt wie überheblich. Sich anzumaßen, den Willen Gottes zu kennen, das ist Blasphemie in menschlicher Reinkultur. Aber genau das ist die gelebte Praxis der katholischen Kirche. Sie maßt sich an, Gottes Willen zu kennen. Das funktionierte auch, solange das Mittelalter Düsternis über Europa breitete. Doch mit der Aufklärung wehte ein neuer und menschenfreundlicher Wind über Europa und die Katholen schüttelten das katholische Sündenjoch ab. Die Menschen befreiten sich von der katholischen Moralvorgabe. Einer Moral, der sich die Kirche selbst nicht unterwarf. Die Gläubigenschar wurde dezimiert und sie wird es weiter.
Noch immer wähnen sich die Kirchenfunktionäre im Besitz göttlicher Vollmacht. Begreifen sich als Zeugen Gottes. Erstaunlich, wenn man die Unfassbarkeit Gottes auch nur im kleinsten Ansatz erkennt. Wie kann man sich angesichts der unvorstellbaren Größe Gottes auch nur ansatzweise die Einsicht in den Willen Gottes anmaßen? Anmaßen kann man es sich schon, aber es hat was von Menschenverachtung und viel mehr von Gottesverachtung. Man muss sich nur anschauen, was im Namen dieser Anmaßung verbrochen wurde und wird. Es mag ja sein, dass es in Ländern, die den Weg der Aufklärung erst vor kurzem beschritten haben ein Erfolgsmodel ist, in Europa aber ist es der Weg in den Untergang. Denn Kirche muss glaubwürdig sein und sie muss sich an den Erfordernissen orientieren. Wenn sie sich diesen Erfordernissen mit Verweis auf die absolute Wahrheit verweigert, dann wird sie in Europa an der Gott in den Mund gelegten absoluten Weisheit untergehen.
Maschine frisst Welt
Warum wir an uns zugrunde gehen werden
Nicht mal ein Elektroauto ist umweltfreundlich, denn bei der Produktion wird jede Menge an CO2 freigesetzt. Das wird sich erst ändern, wenn ein E-Auto zu 100% aus Recyclingmaterial gebaut wird und die benötigte Energie regenerativen Ursprungs ist. Und wenn die benötigten Maschinen ebenso produziert wurden und das Gebäude in gleicher Weise errichtet. Aber da scheint mir der Weg noch sehr weit, vielleicht zu weit. Corona hat gezeigt, wie fragil das System ist, auf dem unser Wohlstand basiert. Noch graben wir tiefe Wunden in den Erdmantel, bohren in den Meeren, holen das Letzte aus unserem Planeten heraus. Damit haben wir nicht nur die größte Völkerwanderung der Erdgeschichte in Gang gesetzt, sondern auch das Klima verändert und nicht zum Vorteil.
Wir haben eine gigantische Maschine geschaffen, die uns maximalen Wohlstand ermöglicht. Nun, nicht allen, genaugenommen nur einem kleinen Teil der Menschheit, den Auserwählten und auch die werden weniger. Aber die immer weniger Auserwählten verstehen es sehr gut, die Maschine am Laufen zu halten, sie läuft sogar immer schneller. Was kurios ist, denn immer weniger Auserwählte sollten doch eigentlich in der Summe immer weniger brauchen, aber das tun sie nicht, denn ihr Verbrauch steigt, wie ihre Zahl sinkt und sogar noch stärker.
Die immer weniger Auserwählten schinden die immer mehr Unerwählten und die Erde immer stärker und erhöhen den Grad der Ausbeutung kontinuierlich. Da wir aber auf einer Kugel leben, hat alles seine Grenzen und wenn die Monstermaschine nicht gebremst wird, frisst sie auch den Auserwählten ihre Existenzgrundlage weg. Noch aber ist eine Drosselung inakzeptabel und noch wird immer sein, wenn nicht ein massiver Einschnitt kommt und der kommt. Sollten die Auserwählten zur Vernunft kommen, dann wird es sehr weh tun. Die Flugreisen, die dicken SUVs, die Skiurlaube, der Gartenpool, die gesamte Funarena, zu der die Welt Stück für Stück gemacht wird, das alles würde ein Ende haben. Und wer will das? Wer kann das? Wir haben es uns doch verdient. Also kommt es nicht zur Einsicht und damit zum Klimakollaps und der wird dem ganzen Luxus ein Ende bereiten und noch viel mehr. Dann wird es wirklich weh tun und die bewohnbaren Gebiete der Erde werden nicht sehr groß sein, bestimmt nicht für sieben Millarden Menschen. Und die Monstermaschine wird völlig wertlos sein, aber diese Erkenntnis ist dann wertlos, sie hätte früher kommen müssen. Früher, das wäre jetzt, aber jetzt ist die Monstermaschine leider alternativlos. Was soll man machen?
Abschied auf katholisch
Austritt einer Religion
Zugegeben, ich bin ein Fan von Charles Bronson. "Das Gesetz bin ich", "Chatos Land", früher glaubte ich, das könne ich ewig sehen und doch kann ich mir heute höchstens einen Bronson ansehen. Filme haben ich verändert, Bronson-Filme natürlich nicht mehr. Und das liegt jetzt nicht nur Full-HD oder gar 4K. Die Machart hat sich verändert und die Geschwindigkeit. Häufigere Kammerawechsel, kürzere Szenen. Aber nicht deshalb, der gefühlt höheren Geschwindigkeit unserer Zeit gerecht zu werden, es ist die Perfektion, die das Film-Genre verändert hat. Eigentlich wird alles ständig besser, das Klima mal ausgenommen. Die Autos werden besser, die Smartphones, aus dem Fernseher wurde Home-Entertainment und wir schauen uns Sendungen in der Mediathek zu jeder Zeit und an jedem Ort an.
Neues kommt in unser Leben, altes geht. Man mag den Walkman vermissen, der die Kassetten durcheiern ließ, bis sich das Band wieder mal um die Transportwalze wickelte. Zumindest war er besser als der Diskman. Aber MP3 hat unseren mobilen Musikkonsum total verändert und die -mans in das Museum verbannt. Ist die Welt dadurch schlechter geworden? Sicher nicht. Telefonieren ist nicht mehr verkabelt, man wundert sich nicht darüber, an nahezu jedem Ort der Erde per Handy telefonieren zu können, sondern über Funklöcher. Dabei ist das Handy vergleichsweise jung.
Alles ist stetig im Wandel. Der Wandel ist so sicher, wie das Amen in der Kirche aber gleichzeitig weit davon entfernt. Denn das Amen wähnt sich unverrückbar. Nicht das kleinste Jota darf verändert werden. Vermutlich ist die herrschende Gruppe der Fundamentalisten im römischen Politbüro der Ansicht, dass Gott sich nicht wandelt und somit jede Veränderung zum Bruch mit Gott führen müsse. Da stellt sich natürlich die Frage, in welchem Jahrhundert Gott erstarrte. Schwierig wird es vor allem dann, wenn es um die Person Jesu geht, der definitiv Veränderungen im Judentum wollte. Dass ein Paulus dann Jesus posthum verbog und verdrehte, bis die Lehre ihm, dem Spätberufenen in den Kram passte. Praktisch die erste radikale Reform des frischerfundenen Christentums.
Wer sich ein Bild von der Realitätsferne der katholischen Kirche machen will, werfe einen Blick auf das Kardinalskollegium. Manchmal denke ich mir, die könnten ohne weiteres noch an der Pest erkranken, wenn sich der Erreger in den altertümlichen Gewändern versteckt hat. In Rom werden Probleme diskutiert, die längst ausgestorben sind. Die Kirche ist das letzt große Feudalsystem und ausgerechnet Demokraten finanzieren es. Da sieht man einmal, welchen Groß- und Langmut die Demokratie hervorbringen kann.
Doch ohne Reformen wird selbst der geduldigste Demokrat einmal feststellen, dass seine Religion praktisch aus der Lebensrealität ausgetreten ist und höchstens noch musealen Ansprüchen genügt. Aber wie viele katholische Museen brauchen wir? Sicher nicht in jedem Ort, immerhin gleichen sie einander zu sehr. Eine Weile könnte es sogar noch Erlebnismuseen geben. Aber die Schar der Bestaunbaren wird wohl schnell schrumpfen. Gerade der todesängstliche Rückzug der Kirche aus der Coronagefahrenzone hat gezeigt, wie schnell sich die Amtskirche aus der Verantwortung verabschiedet. Immerhin gehören ja die meisten Seelsorger zur Risikogruppe, da darf man doch auf Verständnis hoffen. Nicht auszurechnen, wenn sich jemand infiziert, wenn zwei oder drei in Christi Namen versammelt sind.
Wenn aber eine Kirche in der Krise versagt, wann kann man dann auf sie zählen? Immerhin ist es ja nicht das erste Versagen, wenn man an das verheerende Schweigen während der Nazigreuel denkt. Wann darf man Antworten auf die Fragen der Zeit erwarten? Den vielfältigen Klimafrevel? Die Diskriminierung von Minderheiten? Die Eindämmung der Weltbevölkerung? Und, und, und ...
Es ist durchaus sehr wahrscheinlich, dass diese katholische Kirche den Anschluss gar nicht mehr schafft, dass es eine neue katholische Kirche braucht, die von unten her organisiert wird, nach demokratischen Gesichtspunkten. Die freilich nicht perfekt sein wird, aber viel perfekter als die multipel versagende von heute. Es braucht also den Mut der Basiskatholiken für einen Neuanfang und jeden Tag steigt die Chance für diesen Neuanfang durch den sukzessiven Austritt des veralteten Systems.
Wir haben gefragt
Die egoistische Überschreitung natürlicher Befugnisse
Mit dem Anstand, das ist so eine Sache, da hat wohl Jederfrau ihre Erfahrungen gemacht. Kann man Anstand an Regeln festmachen? Nicht mal Moses konnte das, also stieg er auf einen Berg und legte zehn Anstandsregeln fest. Wenn man sich die zehn christlichen Gebote aufmerksam durchliest, dann hätte es dafür weder eines Berges noch göttlicher Eingebung bedurft. „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Hab und Gut!“ Sehr einleuchtend, das Gebot würde es heute wohl auf Platz eins schaffen. „My home is my castle!“ Vermutlich war Eigentum noch nie zuvor so hoch im Kurs und so viel. Dabei stellt sich durchaus die Frage, wo Eigentum beginnt und wo es endet.
Neulich saß ich nach Rückkehr vom Gipfel eines wenig prominenten Berges in geselliger Runde vor einer gut erschlossenen Berghütte, als über den Hüttenweg vier dicke Benzinkutschen aus deutscher Nobelproduktion herangestaubt kamen. Als die motorisierte Gruppe die Hütte betrat, fragte ich rotzfrech, ob das denn legal sei. Worauf eine durchaus noch gehfähige Gruppenfrau meinte: „Wir haben gefragt!“ Und sie hätten ein schlechtes Gewissen gehabt, woraufhin ich ihr attestierte, dass das durchaus berechtigt sei. Hätten die herumspielenden Kinder gefragt, ob sie auf den Kühlerhauben Steinmännchen errichten dürften, hätte ich das genehmigt und eigenhändig unter den Deckstein einen Zettel geklemmt: „Sie haben gefragt!“
Während die einen also ihr frevelhaftes Tun mit der Sanktionierung einer vermutlich nicht genehmigungsberechtigten Person legitimieren, müssen sich die übrigen Wanderer geduldig von Staubfahnen umwehen lassen. Denn was wäre das für ein Durchfahrtverbotsschild, wenn es von Wanderfaulenzern einfach hinweg gefragt werden kann. Der Mensch ist sich immer selbst am nächsten. Ob es nun um eine Kreuzfahrt geht, die man ja nur einmal im Leben mache und somit auch das Schweröl nicht zu verantworten habe oder bei einer Flugreise, weil ja der Platz im Flieger sonst leer wäre, wie auch auf dem Luxusdampfer.
Fragt sich nur, ob der Klimawandel sich von diesen Ausreden überzeugen lässt und ob er denn die Klimasünder am meisten treffen wird. Vermutlich nicht, denn Gerechtigkeit kommt beim Klimawandel nicht vor. Genaugenommen wird er ausgerechnet die am härtesten treffen, die ihn am wenigsten verschuldet haben und selbst dann noch werden die Klimabewahrer von den Klimasündern an den Grenzen empört zurückgewiesen. „Was erlauben sie sich!“ Und dem unverschuldet aufgezwungenen Elend überlassen.
Dass wir Industriestaatler in Sachen Umweltverbrauch deutlich über unseren Verhältnissen leben, dürfte mittlerweile allgemeine Zustimmung finden, ein paar Ignoranten ausgenommen. Der Klimawandel ist messbar im Gange. Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre nimmt beständig zu und sorgt für eine wärmende Atmosphärenschicht. Insofern ist es schon interessant, wenn weiterhin nach neuem Öl und neuem Gas gesucht wird. Wenn die Käufer immer noch vor PS-strotzenden SUVs glänzende Augen bekommen. Wenn jetzt noch Kohlekraftwerke gebaut werden und Windräder verhindert. Wenn der Staat Fluggesellschaften rettet und Dorfbürgermeister Umgehungsstraßen fordern.
Aber man muss das alles der Planlosigkeit anlasten. Wie soll man auf Umgehungsstraßen verzichten können, wenn der öffentliche Nahverkehr vernachlässigt wird? Wie soll man den intrakontinentalen Flugverkehr auf ein veraltetes Schienennetz bringen? Wie soll man Windräder bauen können, wenn jedes noch so fadenscheinige Argument aus dem Hut gezaubert wird. Ja, wie soll sich etwas ändern, wenn Änderung nicht erwünscht ist. Nur lässt sich der Klimawandel durch Nichtstun nicht verhindern und schon gar nicht mit „Augen zu und durch“. Wie man jetzt schon an den Auswirkungen sieht, wird die Zeche jedes Jahr gesalzener. Vielleicht wird die jetzige Verursachergeneration das noch mit höheren Versicherungsbeiträgen abfedern können. Aber die nächste? Dabei haben die eh schon mit dem ganzen Atomschrott ärger genug aufgebürdet bekommen, ohne dass sie auch nur eine Kilowattstunde Strom davon bekämen.
Man kann es drehen und wenden wie man will, die aktuellen Erwachsenengenerationen haben schon verdammt viel Dreck am Stecken und immer noch fehlt es an Einsicht und noch mehr am Willen zur Mäßigung und Umkehr. Vielleicht wäre es anders, wenn Moses ein elftes Gebot zur Bewahrung der Schöpfung hinzugefügt hätte. Aber das war damals halt absolut kein Thema. Moses führte die Israeliten zu Fuß durch die Wüste, dabei wäre es mit SUVs wesentlich einfacher gegangen und mit ein paar Kreuzfahrtschiffen hätte Gott das Rote Meer nicht teilen müssen. Wäre das erdgeschichtliche Timing also um eine Nuance schneller gewesen, müssten wir uns nicht den Spiegel vorhalten lassen, sondern könnten mit zwei Zöpfen zornig gegen unsere Altvorderen aufbegehren und verzweifelt versuchen, deren fatale Fehler und Hinterlassenschaften irgendwie lebenswert zu überstehen.
Aber diese Option haben wir leider nicht. Sondern die bittere Pille des Verzichts liegt zum Schlucken bereit und es ist niemand da, dem wir unsere Schuld anlasten könnten. Ob es genügt, Flugzeuge mit sparsameren Triebwerken auszustatten? Autos in gewohnter Größe und PS-Stärke zu elektrifizieren? Das traute Heim in ein Home Office umzuwandeln? Wird und das alles den Verzicht ersparen? Den Luxus erhalten? Wären wir überhaupt bereit, der Nachkommen willen zu verzichten? Vielleicht sollten wir uns die Frage anders herum stellen: Wäre nicht so mancher Verzicht in Wirklichkeit eine Befreiung? Zumindest würde dann jeder Verzicht wesentlich leichter fallen. Wer einen hohen Berg erklimmen will, wird auf einen möglichst leichten Rucksack achten. Die waren Schätze des Lebens stehen bestimmt nicht in Garagen.
Rapunzel
Und sie lügten doch
"Rapunzel lass mir dein Haar herunter!" so spricht der Prinz und sie lässt ihren Zopf bis zum Prinzen hinab auf das dieser am Zopf emporklettere. Was die beiden oben gemacht haben bleibt im Dunkeln. Nach allgemeiner Erkenntnis wächst das Kopfhaar 0,3 Millimeter pro Tag. Wobei die Rapunzel im Turm wohl nicht immer optimal mit Speisen versorgt wurde, was das Haarwachstum gewiss beeinträchtigt. Lieferando gab es damals noch nicht, vor allem nicht in Türmen. Und weil wir schon beim Turm sind, die sind hoch. Aber wollen wir auch hier mal Gnade vor Recht ergehen lassen, so müssen wir doch von einer Mindesthöhe von acht Metern ausgehen. Also lautet die Gretchenfrage, wie alt Rapunzel gewesen sein muss, damit die Szene funktionieren konnte. Wenn also das Haupthaar - und von diesem ist auszugehen - am Tag 0,3 Millimeter wächst, dann sind das im Jahr 109,5 Millimeter. Runden wir also auf 11 cm auf. Für die erforderliche Kletterlänge dauerte es also 800 cm geteilt durch 11 cm bis Rapunzels Haar lang genug war. Der Prinz stieg folglich an ergrautem Zopf zu einer 72-Jährigen hinauf. Ich weiß auch nicht, warum das bis heute niemand nachgerechnet hat. Und jetzt sind wir mal von einem nicht allzu großen Turm ausgegangen und optimalem Haarwachstum. Rapunzels Alter könnt sich also durchaus noch nach oben verschieben. Da wird der Prinz aber Augen gemacht haben. Laut Märchen wurde Rapunzel schwanger, das hat was von Abraham und Sarah, wobei der alte Knochen ja auch schon mit Hagar im Trainingslager war. Letztlich ist das ein Ödipus-Komplex und mit solchen abstrusen Geschichten beschäftigten sich die Gebrüder Grimm und belogen ganze Kindergenerationen. Doch sie sind gestorben und leben nicht mehr heute.
Karfreitagsalternative
Die Unfähigkeit des Betens
Ostern 2020 wird wohl in die Geschichte als Ostern ohne Menschen eingehen. Karfreitag, Radtour auf dem Leinenradweg. Die Grenzübergänge zu Österreich verrammelt. Schengen? In Österreich wird gearbeitet, auf abgelegenen Höfen auch, ebenso auf weniger Abgelegenen. Nun ja, den Karfreitag als Feiertag haben wir eh nur den evangelischen Christen zu verdanken, sonst wäre bei uns auch Österreich und normaler Arbeitstag. Soll man den Karfreitag überhaupt feiern? Soll man den Tag, an dem wir der Hinrichtung Christi gedenken, eine Hinrichtung, bei der sich die Menschheit mit Blut befleckte, soll man diesen Karfreitag also tatsächlich feiern?
Aber die Menschheit hat von jeher getötet und sie tut es immer noch. Tausend Coronatote im Norden wiegen mehr als 8000 verhungerte Kinder im Süden, die es auch täglich gibt. Der Bundestag konnte sich neulich nicht dazu durchringen, Atomwaffen zu ächten. Atomwaffen töten, das ist ihr Zweck. Karfreitag in Scheidung. Da die Kirche, dort die Menschen. Die Kirche enthält den Christen Gott vor. Beten findet in der Kirche statt, Beten ist institutionalisiert, privates Beten wird nicht mehr unterstützt. Nach der Schule keine Unterweisung mehr für privates Beten. Das hat das Beten ausgedünnt. Soll mir keiner sagen, dass es keinen Grund mehr gibt für das Gebet. Vielleicht und Gott sei Dank sind viele Gründe anders geworden.
Gott ist nicht von der Kirche gemietet
Gott aber ist nicht in der Kirche eingesperrt, nicht im Tabernakel, nicht von der Kirche gemietet. Er ist Gott, überall und immer. Also ist er immer da, nicht nur am Sonntag, nicht nur die eine mehr oder weniger langweilige Stunde in der Kirche. Verständlicher weise bekommst du von der Kirche nur das zu hören, was dich an sie bindet. Das ist ja durchaus auch nicht verkehr, denn der Mensch braucht Riten und die Kirche hat sie im Angebot. Doch ist die Kirche nicht der einzige Weg zu Gott. Der private Weg zu Gott darf alles auf den Prüfstein stellen, den Müll von 2000 Jahren raustragen und dem Glauben auf den Grund gehen. Was glaubst du und was ist leere Glaubenshülse?
Können 2000 Jahre Christentum irren?
Aber können 2000 Jahre Christentum irren? Natürlich. Auch 10.000 Jahre können irren und vermutlich auch 100.000 Jahre. Wie ist der Prunkt und Pomp, die Adelshierarchie der Kirche mit der Lehre Jesu in Einklang zu bringen? Menschen sind stolz und hochmütig, Menschen sind raffgierig und egoistisch. Aus diesen menschlichen Unarten erwuchs die Kirche in ihrer jetzigen Form, mit ihren Stärken und Schwächen und selbst der Papst hat weder Macht noch Kraft auch nur eine der Wurzelsünden auszureißen. Eine Ausgeburt dieser Überhöhung des Ichs resultiert auch darin, dass wir uns als Ziel Gottes definieren, also Gott einzig und allein für uns Menschen dazusein hat. Obwohl wir erdgeschichtlich betrachtet nur einen Augenblick existieren, da täte uns Bescheidenheit wirklich gut und wenn wir die ganze Schöpfung als Gottes Schöpfung betrachteten, wären wir zu deutlich mehr Sorgfalt im Umgang mit unserer Erde angehalten.
Kirche bietet Rituale
Ist also alles an der katholischen Lehre Quatsch? Nein, denn der Mensch braucht Rituale und diese Rituale leistet die Kirche. Quatsch ist es dann, wenn diese Rituale, Regeln und Vorschriften zu Dogmen hochstilisiert werden.
Religion muss den Menschen dienen, das ist ihre oberste Aufgabe. Religion als Wegweiser und Wegbegleiter zum Eigentlichen. Aber was ist das Eigentliche? Das Eigentliche ist der Kern des Lebens. Der innere Mensch, das ureigene Ich. Man darf es nicht überbewerten, nicht über andere stellen, denn wir sind zur Gemeinschaft berufen, obwohl wir alle Egoisten sind. Man muss leider auch erkennen, dass dieses innere Ich verletzlich ist (Missbrauchsskandale, nicht nur in der Kirche), dass es sogar unerträglich werden kann. Aber das eigentliche Ich zu suchen und zu erkennen, ist ein erster Schritt zur Erkenntnis Gottes, denn wir alle sind Teil dieses alles durchdringenden, alles seienden göttlichen Wesens.
Das Leben als Individuum
Nach der Zeugung wachsen wir zum Individuum heran, führen ein Leben in Distanz zu Gott und sind doch Teil von ihm. Wenn uns das Leben verlässt, werden wir wieder mit Gott vereint. Und Jesus? Er ging auch diesen Weg. Er war erfüllt von der Idee der Reinheit der Religion, eine Reinheit, zu der die Menschheit jedoch nicht taugt. Deshalb musste er sterben. Das Christentum ist dabei um keinen Deut besser, als das von ihm kritisierte Judentum. Religion kann nicht besser sein als die Menschen, das ist – so konnte man es sagen – ein Menschennaturgesetz.
Die Notwendigkeit der Veränderung
Muss man also alle Unzulänglichkeit als leider unveränderbar hinnehmen? Nein, das sicher nicht. So wie sich die Welt verändert, so verändern sich die Menschen und der Kirche wird auch nichts anderes als Veränderung übrig bleiben. Je länger sie sich widersetzt, desto gravierender die Veränderung. Folglich wäre es wesentlich klüger, Veränderungen zeitnah umzusetzen. Und bei allem Pessimismus muss man doch die positiven Entwicklungen erkennen. Immerhin bald 75 Jahre Frieden in Westeuropa. Wann gab’s das je? Immerhin geht die Zahl der Analphabeten ständig zurück. Immerhin wird die Ernährungslage immer besser. Immerhin bekommen wir immer mehr Krankheiten in den Griff.
Ostern 2020, ein Wachruf! Kirche! Mach deine Mitglieder bitte schön ein bisschen selbständiger. Beten kann man völlig allein. Macht euch also ein bisschen entbehrlicher. Aber mit dem Beten ist es wie mit dem Singen. Ein bisschen Anleitung macht das Ergebnis deutlich besser. Glauben im Alltag! Das wäre wohl ein passendes Motto.
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